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30 Jahre Mauerfall: Bedeutung für den Tierschutz aus gesamtdeutscher Sicht

„Mit einem geschundenen Pferd fing am 29. Juni 1841 die Geschichte des Berliner Tierschutzes an. Als ein Kutscher in Mitte auf sein Tier eindrosch, entrüsteten sich Passanten – und einer von ihnen, der Prediger C.J. Gerlach, beschloss, einen „Verein gegen Tierquälerei“ ins Leben zu rufen. Im Oktober 1841 wurde dieser gegründet und 1872 in „Deutscher Tierschutzverein zu Berlin“ umbenannt.“ (Der Tagesspiegel, 05.12.2016) Die Grabstätte der beiden Gründer und langjährigen Leiter des „Berliner Tierschutz-Vereins“, Hans Beringer (verstorben am 23. April 1902) und Meta Beringer (verstorben am 24. Oktober 1897), befindet sich auf dem 1825 angelegten evangelischen Dreifaltigkeitskirchhof II an der Bergmannstraße in Berlin-Kreuzberg. Der Tierschutzverein für Berlin und Umgebung Corp. e.V. zählt nach einem Umzug von Lankwitz in den Bezirk Lichtenberg mit 16 Hektar Fläche heute zu den größten Tierheimen Europas.

Der „Tierschutz in der DDR“ wurde erst in der jüngeren Zeit durch zwei wissenschaftliche Publikationen aufgearbeitet: Zum einen durch eine recht umfassende Darstellung über „Das sozialistische Tier: Auswirkungen der SED-Politik auf gesellschaftliche Mensch-Tier-Verhältnisse in der DDR (1949–1989)“ von Anett Laue, zum anderen mit stärkeren Akzenten auf die Haltungsbedingungen von Rindern und Schweinen und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Entwicklung des organisierten und institutionalisierten Tierschutzes in der ehemaligen DDR von Marianne Stock. Nichtsdestotrotz erschienen auch in der DDR „Tierbücher“ über die heimische Tier- und Pflanzenwelt, darunter exemplarisch genannt: „Unsere geschützten Pflanzen und Tiere“ von Werner Hempel und Hans Schiemenz (1975) oder „Tiere halten verpflichtet“ von Jürgen Grabs (2. Aufl. 1989).

Zunächst dürfte die Feststellung kaum verwundern, „dass jegliches Tierschutzbestreben in der DDR hinter den wirtschaftlichen Interessen zurückzustehen hatte und dem Tier, welches zum Produktionsmittel degradiert wurde, die Möglichkeit des Auslebens arteigener Bedürfnisse nicht zugestanden wurde.“ (Stock 2015, S. 296) Soviel weiter gediehen ist das Bemühen hier und heute um eine wenigstens Verbesserung der Lebens- und Leidensbedingungen der Tiere in der Massentierhaltung vor dem Hintergrund des erklärten Staatsziels Tierschutz mit Verfassungsrang leider auch nicht. Für die DDR zeichnete sich in den 1970er Jahren eine erste „Wende“ ab, und zwar in der Hinsicht, dass in der DDR eine „explosionsartige Entwicklung der Zucht und Haltung von kleinen Haustieren“ (Vera Schmidt) zu verzeichnen war, was auch die DDR-Führung nicht spurlos an sich vorbeiziehen lassen konnte. Die SED musste anerkennen, dass die Haltung von kleinen Haus- und Heimtieren „zu einer sinnvollen Freizeitgestaltung beitragen“ kann und aus einer politischen Sichtweise auch für ein gewachsenes Niveau der Wohn- und Lebensverhältnisse in der DDR stehen konnte, welches nun verstärkt die Heimtierhaltung und medizinische Versorgung der Tiere sowie mit Futtermitteln erlaubte (vgl. Laue 2017, S. 100 ff.).

Zusammenfassend bleibt mit Marianne Stock rückblickend festzuhalten: „Letztlich waren es nicht die größten Betriebe, in denen die besonders schwerwiegenden Mängel aus Tierschutzsicht auftraten. […] Die meisten Missstände kamen in den LPG [Anm.: LPG = Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft] vor, die sowohl personell als auch finanziell hinter den Kombinaten industrieller Mast zurückzustehen hatten. Die industriellen Mastkombinate produzierten häufig für den Export und wurden als Devisenbringer vorrangig mit Futter versorgt. Die gute tierärztliche Versorgung und die Anwendung moderner Technologien in solchen Betrieben dürfen als überwiegend positiv aus Sicht des Tierschutzes bewertet werden.“ (Stock 2015, S. 296)

Quellen und (Auswahl-)Literatur:
Der Tagesspiegel, 05.12.2016, „Hinterhof-Tölen, Hundeschlächter und ein Hühner-Hochhaus“, von Christoph Stollowsky, URL: https://www.tagesspiegel.de/…/streifzug-durch…/14932870.html
Laue, Anett: Das sozialistische Tier. Auswirkungen der SED-Politik auf gesellschaftliche Mensch-Tier-Verhältnisse in der DDR (1949-1989). (Zugl.: Univ., Dissertation, Technische Universität Berlin, 2016). Köln/Weimar/Wien: Böhlau, 2017.
Stock, Marianne: Hintergründe zur Entwicklung des Tierschutzes und seiner Organisation. Exemplarische Analyse der Haltungsbedingungen der Tierarten Rind und Schwein unter Tierschutzgesichtspunkten. (Zugl.: Berlin, Freie Univ., Diss., 2015). Berlin: mbv, Mensch-und-Buch-Verl., 2015.

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